Von den Kakadus aus Sydney vertrieben, von den Teufeln in Tasmanien verzaubert - so kommt Linda freitags in Melbourne an. Genau wie ich. Nur wesentlich entspannter.
Mein Trip nach Melbourne hat so einige Tücken zu bieten:
1. Die Busse in Sydney glänzen mal wieder mit Pünktlichkeit. Nach drei ausgefallenen Bussen komme ich abgehetzt am Flughafen an - und checke 1 Min. vor Schalterschluss ein.
2. Die Landung meines Flugzeugs lässt sich durchaus als rau bezeichnen. Festen Boden betrete ich dann mit weichen Knien und dem Herz in der Hose.
3. Der Mietwagen ist in jeder Hinsicht ein Auto mit Rechtslenkung: Der Blinker ist auf der falschen Seite. Leider wissen andere Verkehrsteilnehmer nicht, wo ich hinwill, wenn ich ständig nur meine Scheiben wische.
Dementsprechend bin ich am ersten Abend etwas gestresst und möchte eigentlich meine Ruhe haben. Geht nicht ganz problemlos, wenn man Teil einer größeren Gruppe (Jona, Linda, Judith) ist, klappt dann aber irgendwie doch. Man möge mir nachträglich meine Laune verzeihen :)
Am nächsten Tag wird das Auto mit Campingausrüstung und Verpflegung voll gepackt und wir machen uns über den Great Western Highway auf den Weg nach Halls Gap im Grampians National Park.
Nach einem Blick auf's Navigationsgerät stellt Jonathan dann entsetzt fest, dass der Grampians National Park ja gar nicht gleich um die Ecke liegt, sondern eine 3-Stunden-Fahrt entfernt ist. 300 km sind für deutsche Verhältnisse ja schon eine ausgewachsene Urlaubsreise, für australische Verhältnisse gleicht es eher einem Tagesausflug. Meine größtenteils schlafenden Passagiere bringe ich sicher ans Ziel.
In Halls Gap, dem touristischen Zentrum des Nationalparks, starten wir einen Spaziergang zu den Venus Baths (Bäder der Venus). Die Venus Baths sind kleine ausgewaschene Steinbecken innerhalb eines Bachlaufes. Da wir mitten im Hochsommer sind, es wochenlang nicht mehr geregnet hat und die Sonne vom Himmel brennt, ist der Bach eher ein schwaches Rinnsal. Schaut man sich aber die Felsformationen an, so scheint es als ob hier ab und an - oder zumindest vor langer Zeit - mehr Wasser fließt.
Am späten Nachmittag "genießen" wir dann ein echt australisches Barbecue - Hackfleischscheiben und seltsame Schlabberwürstchen auf einer heißen Metallplatte braten, dann zwischen extrem weiches Weißbrot packen und mit viel Ketchup (je mehr Ketchup, desto besser der Geschmack) verfeinern. Diese Art des Grillens ist nicht nur unserem Campingbudget geschuldet - viel mehr ist das die normale Art des Barbecues in Australien. Und die Australier scheinen es zu lieben! Für uns Grill-Liebhaber ist das ein echter Graus.
Weiter geht es zu verschiedenen Lookouts, die uns wirklich atemberaubende Blicke über die unglaubliche Weite des Nationalparks gönnen. Mehr als "Wow" habe ich beim Anblick einer solchen Baumlandschaft nicht zustande gebracht. Auch die Felsformation "The Balconies" ist beeindruckend.
Leider haben wir bisher noch keinen Platz zum Übernachten gefunden. Da unser Plan es vorsieht zu Zelten würden wir gerne auf einen Campingplatz gehen. Allerdings braucht man hierzu eine Erlaubnis - ansonsten droht eine Geldstrafe. So eine Genehmigung bekommt man im Informationszentrum (seit drei Stunden geschlossen) oder telefonisch (im Umkreis von mind. 50 km kein Handyempfang). Was also tun? Wir haben zu sehr Angst vor'm Campingplatzwächter und machen uns auf die Suche nach einem geeigneten Fleckchen in der Wildnis um dort unser Zelt aufzuschlagen. So genanntes Bush Camping ist eigentlich erlaubt, es gibt nur einige Regeln. Diese Regeln (1 km vom Campingplatz entfernt, 50 m von der Straße entfernt, nicht unter Bäumen, etc.) machen es unmöglich einen Platz zu finden. Wir erkundigen uns schließlich bei einem Polizisten und er rät uns einfach auf dem Campingplatz zu übernachten und am nächsten Tag zu bezahlen. Mit diesem Rat in der Tasche gehts also zurück zum Campingplatz und wir verbringen eine kalte und recht unbequeme Nacht im Zelt (Judith, Jonathan und ich) bzw. im Auto (Linda).
Am nächsten Morgen schauen wir uns die MacKenzie Falls und zwei historische Stätten mit Wandmalereien von Aborigines an. Mehr oder weniger einstimmig (ich denke ich war die einzige Gegenstimme) wird dann beschlossen eine Wanderung auf den Hollow Mountain zu machen.
Zunächst ist es schwierig den Hollow Mountain zu finden. Wir versuchen nämlich die unbefestigten Straßen zu umgehen, was dazu führt, dass wir mehr oder weniger im Kreis fahren und schließlich feststellen, dass es nicht anders geht als 4 km über eine Schotter- und Sandpiste zu fahren. Wenn man nur mit 20 km/h voran kommt sind 4 km wirklich sehr lang.
Der Wanderweg zum Hollow Mountain hat laut Hinweisschild die Schwierigkeitsstufe "Mittel" und es wird darauf hingewiesen, dass man ab und an über Steine klettern muss. 1,2 km ist die einfache Strecke lang und überwindet 160 Höhenmeter. Mein Hinweis, dass 160 Höhenmeter auf 1,2 km ganz schön viel sind, wird nicht ernst genommen, ignoriert oder unter "die Sina mag ja eh nicht wandern" abgestempelt.
Zum Thema Wandern: Jeder, der schon mal in den Genuß gekommen ist mit mir wandern zu gehen (ich denke besonders an Ivo und den Berg Moses), wird sich gut vorstellen können, wie ich rumgemosert habe. Wandern ist auch einfach nicht mein Fall und bei 30°C unter sengender australischer Sonne wirklich eine - naja - blöde Idee. Aber ich beuge mich dem Gruppenzwang und laufe mit :)
Schnell wandelt sich der normale Weg in tiefen Sand, was das Laufen schon beschwerlicher macht, und kurz darauf gehen die Felsen los. Erst kleine Steine, dann größere Steine, schließlich richtige Brocken über die man Klettern muss. Noch ist aber alles relativ eben. Trotzdem anstrengend. Nach 500 m und geschätzten 5 Verschnaufpausen scheint es als ob der Wanderweg endet. Tut er aber nicht, man muss nur immer ungefähr den gelben Pfeilen folgen und sich seinen Weg durch unwegsames Gelänge selber suchen. Von den Mädels hat keine so richtig Lust weiter zu laufen - Jonathan sprüht aber mal wieder vor Energie und will unbedingt beenden, was er angefangen hat, auch wenn es anstrengend ist. Zögerlich entschließt sich erst Judith und dann auch ich (ja, ich!) dazu mit ihm weiter bis zum Gipfel zu klettern. Linda möchte lieber im Schatten warten bis wir zurück sind (kluges Kind).
Der Weg nach oben führt über nackten Fels, nah am Abgrund entlang und durch Felsspalten hindurch. Wir schnaufen und schwitzen und schaffen es aber in etwa einer halben Stunde bis nach oben. Dort angekommen werden wir zwar mit einer weiten Aussicht belohnt, aber ob sich der Aufstieg wirklich gelohnt hat, das bleibt fraglich...
Nachdem ich mir auf irgendeiner der steilen Stufen auf dem Weg zum Gipfel des Berg Moses hoch und heilig geschworen hatte, nie wieder - aber auch wirklich gar nie wieder - in meinem Leben auf einen Berg zu wandern, hab ich's also doch bis auf den Hollow Mountain geschafft :)
Der Abstieg ist dann um einiges einfacher als der Aufstieg, wir sammeln Linda wieder auf und beschließen für heute keine weiteren Wandertouren zu unternehmen. Also geht's mit dem Auto weiter nach Horsham und wir verbringen die Nacht wieder auf einem Campingplatz. Unser Abend ist lustig - zumindest für uns, denn wir singen wertvolles deutsches Liedgut (und grübeln etwa eine Stunde lang wie dieses Lied mit "Müll, Müll, Sondermüll" denn weiter geht). Weniger erfreut von unserer guten Laune ist eine andere Campingplatzbewohnerin - sie stapft im Schlafanzug daher und verscheucht uns mit den Worten "This is not a tavern!" ("Das ist keine Taverne!"). Nach einem kurzen Stimmungseinbruch verlagern wir unseren Standort auf eine kleine Insel im nahegelegenen Fluss. Dort entsteht das Limettenmonster - eine Limette mit hellen Flecken die so angordnet sind, dass es aussieht als hätte die Limette Augen und Nase. Linda, warum hast du eigentlich eine Limette dabei gehabt?
Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Rückweg nach Melbourne und beschließen noch in Torquay vorbeizuschauen, da außer Jonathan keiner noch Lust auf Wandern hat. In Torquay gibt es keine Wanderwege sondern hervorragende Einkaufsmöglichkeiten und einen schönen Strand. Zum Abendessen gibt's dann leckere Pasta auf Melbournes berühmter Schlemmer-Meile.
So... eigentlich war es das mit unserem Ausflug in den Grampians National Park. Aber halt! Eine Sache kommt ja noch:
AUSTRALIA DAY
Der 26. Januar ist der Nationalfeiertag Australiens. Dieser wird gebührend mit einem - natürlich - echt australischen Barbeque gefeiert. Da es für uns Deutschen der erste (und einzige) Australia Day ist organisiert Jonathans Mitbewohnerin Bobbie eine große Party bei sich zuhause, so dass wir einen schönen Australia Day verbringen können. Wie es so Brauch ist kleidet sich jeder in den australischen Farben der Flagge (blau-weiß-rot) oder den Nationalfarben (grün-gelb) ein. Außerdem darf der australische Nationalsport Cricket (sehr komisches Spiel) nicht fehlen. Jonathan ist natürlich mit von der Partie.
Ich muss dann leider schon recht früh wieder zum Flughafen aufbrechen um wieder nach Sydney zu fliegen, Linda folgt mir am nächsten Morgen. Und dann gehen die Erlebnisse weiter...
(Mehr Bilder gibt's rechts unter "Sina's Bildergalerien"!)
Hallo Sina,
AntwortenLöschendeine Block-Einträge zu lesen, macht mir richtig Spaß. Oft sind es gerade die weniger schönen bzw. strapaziösen Erlebnisse, die durch deinen Schuss Ironie richtig witzig rüberkommen. Ich freu mich schon auf die folgenden Berichte.
Jonathan-Baba
Hey Sina,
AntwortenLöschenich muss meinem Vorposter recht geben, wieder sehr gelungen dein Eintrag. War deine schlechte Laune so wie deine schlechte Laune montags morgens in Chemie? Ach waren das Zeiten... ;-)
Gruß Chris
Ähnlich Chrissi, ähnlich... :)
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